Da es in Rotorua selbst nicht so viel zu tun gab (unser Wildwasserrafting wurde gecancelled weil zu krasser Regen), gingen wir der Empfehlung unseres allerliebsten Driverguides Cowboy (bzw. offiziell Jason – unser Busfahrer und Tourguide) nach und meldeten uns zum Dinner und zur Veranstaltung der Mitai Maori Village an – eine Art Show über die indigenen Wurzeln der Maori. Wohlgemerkt nicht aber ohne Cowboy vorher zu fragen, ob das nur so ein Touriding ist oder ob man da authentische, persönliche Einblicke in die indigene Kultur erhält. Es war spannend, seine Meinung dazu zu hören und es später selber zu erleben und uns unser eigenes Bild zu machen. So ganz stimmen die Perspektiven nämlich nicht überein, aber dazu später mehr.
An der Stelle mal ein Shoutout zu Cowboy, der die Busfahrt zu einem richtigen Erlebnis gemacht hat und uns die spannendsten und ehrlichsten Anekdoten zu Neuseeland und seinem dortigen Leben erzählt hat. Ich glaube, er ist mit Abstand die gelassenste Person, die ich je kennengelernt habe.

"Yeah no worries, buddy.", "We're all just a big family from now on.", "You never know what a person has been through, be empathetic.", "You don't remember the days everything went perfectly well.", "That's just an opportunity to learn more about yourself." sind nur einige seiner Sprüche, die er uns unterwegs herzlich mit auf den Weg mitgegeben hat. Was für ein weiser Mensch.
Abends ging’s dann endlich los. Fast alle unserer Kiwi Experience Gruppe kamen zur Veranstaltung mit. Das wollte jeder erleben! Angekommen im Communityraum des Veranstaltungsort der Maori Experience wurde mir auf jeden Fall schon klar: Wir sind hier nicht alleine und auch andere Leute wollten dieses Erlebnis teilen. Der Raum mit 20 Tischen mit je 10 Plätzen und damit rund 200 Menschen und greller Neonröhrenbeleuchtung erinnerten eher an einen Bingo-Saal, als an eine Cultural Performance & Experience – wie auch immer ich mir die davor vorgestellt habe. Irgendwie persönlicher wahrscheinlich. Oder atmosphärischer. Hier wurde es auch richtig laut und ich war froh, dass wir nach einer kurzen Begrüßung bereits wieder nach draußen den schwach beleuchteten Weg zum Fluss runter spazieren durften. Unterwegs sahen wir noch, wie unser Abendessen, das hāngī earth oven kai, über dem Loch im Boden angebrutzelt wurde.


Am Fluss angekommen konnten wir miterleben, wie Maori Krieger mit dem Kanu den Wai-o-Whiro-Fluss hinabpaddelten. Dabei machten sie angsteinflößende Gesichtsausdrücke, schrien und klopften mit ihren Paddeln im Takt aufs Kanu, sodass die Fackeln gefährlich schwankten. Ohne ein Wort der Ankündigung oder Erklärung war das ganz schön erschreckend. Ein paar Menschen standen begeistert neben uns, knipsten fasziniert hunderte Bilder mit Blitz und lachten über das Geschehen. Ich fühlte mich nicht wohl. Nicht wegen der Show – die war genial. Sondern wegen der Menschen um uns. Und hier kommen wir der Sache, warum ich die Erfahrung anders erlebt habe als andere, vielleicht etwas näher.
Danach ging es in eine Art Theaterraum mit einer großen Bühne und vielen Stühlen, wo die Cultural Performance stattfand. Hier war es auch viel atmosphärischer mit Bühnenlicht und Lautsprechern. In eindrücklichen Tänzen, Liedern und zwischenzeitlichen Erklärungen wurde uns die Geschichte der Migration von Tamatekapua (Chief und sozusagen Kapitän der Maori) mit dem Te Arawa-Kanu über den Pazifik nach Aotearoa (Neuseeland) erzählt. Uns wurden auch herkömmliche Spiele, Kriegswaffen und Bewegungsabfolgen gezeigt. Die Performance hat mich so in den Bann gezogen, dass ich ganz vergessen habe, dass wir ja auch Fotos davon machen dürfen. Deshalb hab ich nur eine kleine Auswahl an Bildern dieser großartigen Show für euch:
So toll es auch war – auch hier gab es wieder Leute in den Reihen vor und neben uns, die sich das Lachen nicht verkneifen konnten. Das ist ja auch okay, an manchen Stellen hat der Chief (der mit den vielen Gesichtstattoos) auch extra ein paar Witze gerissen. Aber an anderen Stellen wurden wir vorher bei der Begrüßung eindringlich darauf hingewiesen, dass es unhöflich ist, die teils seltsamen Bewegungen (besonders bei der Begrüßungszeremonie) öffentlich zu belächeln. Trotzdem nahmen sich manche das Recht raus, sich darüber lustig zu machen. Deshalb hat sich die Performance leider ein bisschen wie eine Zirkusshow angefühlt, mit all den Zuschauenden, die aus dem (Be)staunen nicht mehr herausgekommen sind. Das fühlte sich an, als würden die Maori und ihre Geschichte „vorgeführt“ werden. Und das fand ich doof.
Um klarzustellen: Das ist meine ganz persönliche Wahrnehmung. Vielleicht beurteilen das andere Menschen oder die Veranstalter ganz anders (Patrick hatte zum Beispiel den Eindruck, dass es beim zeremoniellen Teil nicht so war). Und ich möchte damit auch nicht die Performer und Organisatoren darin kritisieren, wie sie ihre Show gestalten. Nur den möglicherweise fehlenden Respekt mancher Gäste.
Um also die Frage zu beantworten: Authentisch? Ja. Persönlich? Nein. Touriding? Auf alle Fälle.
Es ist keine Erfahrung, wo man mit den Menschen ins Gespräch kommen kann darüber, was sie mit ihren Wurzeln verbinden und wie sie heute im Einklang mit ihrer Kultur in der modernen Welt leben (Das hätte ich anhand der Beschreibung von Cowboy erwartet, der die Veranstaltung sehr gelobt hat). Es ist eher eine Show für viele Menschen, die sich unterhalten lassen wollen und spielerisch mit dem Erbe der Maori in Berührung kommen wollen. So oder so, es war ein spannendes Erlebnis und das Essen danach hat super geschmeckt!
