Strudelmission und andere Überraschungen

Einen letzten Beitrag aus Chile habe ich noch für euch. Und zwar waren wir die letzten Tage auf Strudelmission. Ja, richtig gehört. Denn die chilenische cocina hat wohl viele Einflüsse aus der deutschen und österreichischen Küche. Das haben die lieben Kolleg:innen von IXD herausgefunden und in Auftrag gegeben, dass ich den chilenischen Apfelstrudel, den sogenannten strudel de manzana doch auch mal probieren muss…

Das war gar nicht so einfach! Denn als wir durch die Stadt spaziert sind, konnte ich ihn auf den Speisekarten kaum entdecken. Den ersten richtigen Anlauf nahmen wir deshalb in Valparaíso, wo ich extra vorher bei Google Maps recherchiert habe, wo denn ein strudel verkauft wird. In einem belebten Viertel bei einem wunderschönen Café durften wir dann einen mitnehmen. Als ich den 6€ Fang dann voller Vorfreude in den Gassen von Valpo auspackte, waren wir ein bisschen über die Größe und labbelige Konsistenz überrascht. Schmecken ließ ich ihn mir trotzdem.

Die Mission fühlte sich aber noch nicht so richtig erfüllt an… Das kann’s doch noch nicht gewesen sein. Deshalb starteten wir Versuch Nummer 2, als wir wieder zurück in Santiago waren. Hier schauten wir im Lastarria Viertel beim süßen aber von außen unscheinbaren Bombón Oriental vorbei. Der Ladenbesitzer war so nett und lustig und erzählte uns gleich alles über seinen österreichischen Backmeister und die unterschiedlichen Strudelarten, dass wir ein wenig vergessen haben, darauf zu achten, was er tut. Und schwupps im Moment danach wurde uns erst klar, dass er uns einfach den GANZEN Strudel der Auslage fein säuberlich eingepackt hatte. Beim Preis von 18.000 CLP (ca. 16€) mussten wir dann kurz schlucken, aber weil wir uns ja immer noch auf der Mission befanden, investierten wir unsere letzten Scheine gerne.

Geschmeckt hat der absolut himmlisch! Erst gerade eben, als ich euch das nette Instagram Video davon zeigen wollte, wurde mir klar, dass der liebe Ladenbesitzer auch ziemlich stolz auf seine Kreation ist: nämlich den berühmten jugoslawischen Strudel. Oh menno! Die Suche nach dem perfekten chilenischen Apfelstrudel müssen wir daher aber wohl ein andermal fortsetzen.

Laura und Jonas

Neben teuren Strudeln haben wir an unserem allerletzten Tag in Südamerika aber noch eine zweite kleine Überraschung erlebt: Meine ehemalige Mitbewohnerin Laura war in der Stadt! Wir verabredeten uns also zum Kaffee und verbrachten den Vormittag mit ihr und ihrem Freund Jonas. Das war mal lustig und auch ein bisschen skurril, sich in Santiago in die Arme zu fallen.

Gemeinsam schlürften wir Kaffee und frühstückten, spazierten nochmal zum Aussichtspunkt und probierten die berühmten Pommes von Papachecos aus (das hausgemachte Ketchup aus Tomaten und Äpfel war genial!). Für die beiden ging es dann los in ihren Urlaub (habt eine schöne Reise!) und für uns schließlich auf zum Flughafen. Was für ein lustiger, gelungener Abschluss für Südamerika.

Da muss man erstmal um die halbe Welt fliegen, um sich zu treffen!

Piedras Rojas y Lagunas Altiplánicas

Die Anden mussten von uns natürlich jetzt auch nochmal von der chilenischen Seite aus begutachtet werden! Von so ein bisschen Schnee lassen wir uns nämlich nicht abhalten, da nochmal hin zu wollen. Deshalb begaben wir uns fluggs auf eine neue Tour (das macht man in San Pedro de Atacama so, wenn man kein Auto zum Rumdüsen hat) und ließen uns den ganzen Tag durch die spektakuläre Landschaft chauffieren. Der Guide Rodrigo, der diesmal mit dabei war, ist mein absoluter Favorit bis jetzt. Er hat sich wirklich die Zeit genommen, viele der Naturphänomene bis ins letzte Detail zu erklären und war happy über alle Fragen, die wir neugierig gestellt haben. Ich denke, von ihm haben wir mit Abstand das meiste über die Gegend erfahren können.

Rodrigos Versuch, gegen den Wind anzureden

Die Safari beginnt

Da wir losgefahren sind, als es noch dunkel war, genossen wir erstmal ein schnelles Frühstück bei Sonnenaufgang und beobachteten, wie die Sonne die großen Riesen aka Vulkane in ein goldenes Licht tauchte. Zu unserem Ziel, den Piedras Rojas (übersetzt rote Steine), war es ganz schön weit. Unterwegs begegneten wir den ersten Vicuñas, die entweder wohlbehütet in ihrer kleinen Herde (Ladies, Kids und Alphamännchen) oder einsam und verlassen durch die Landschaft zogen (männliche Junge, die direkt ausgestoßen werden). Und nicht zu vergessen einem Nandu (wie Strauß), ein paar Vögeln und einem einsamen Andenschakal (Fuchs). Sie alle schenkten uns neugierige Blicke, als wir vorbei sausten und wir fühlten uns schon fast wie auf einer Safari.

Die roten Steine

Angekommen am Ziel begaben wir uns auf eine kleine Wanderung (wieder auf hübsch angelegten Wegen) hinab zu einer hellen, türkisfarbenen Lagune auch bekannt als Aguas Calientes, um die schöne, rote Felsformationen empor wachsen. Ein ganz schön spektakulärer Anblick. Hinab ist übrigens gut, weil – ihr ahnt es bestimmt schon – hier waren wir wieder auf über 4000m! Und huiuiui war es hier windig! Patrick und ich mussten uns so richtig einpacken mit allen Jacken und Kapuzen, die wir hatten und aufpassen, nicht ins schöne Blau geweht zu werden. So ganz kann ich die Sache mit der Eisenoxidation, durch die die Steine die rote Färbung haben, übrigens nicht erklären. Irgendwas mit Magmakammern, Mineralien und Druck aus dem Erdinneren. Aber fragt Rodrigo, der weiß Bescheid! Und bestaunenswert ist die Landschaft so oder so.

Altiplano Lagunen

Danach ging’s auf zu den 2 Lagunen im Hochgebirge. Zumindest fast, denn davor kam noch mein Lieblingsteil der Tour: Eine Steinerklärung! Wer mich kennt, weiß, dass ich Steine ja so ziemlich über alles liebe und man schon aufpassen muss, wenn man mit mir unterwegs ist, dass ich nicht mit Taschen voller schöner Fundstücke zurück komme, die ich unterwegs aufgesammelt habe. Der schöne schwarze, fast wie Glas anmutende Stein ist übrigens Obsidian; ein Vulkangestein, das unter den richtigen Bedingungen bei extrem schneller Abkühlung von Lava entstehen kann.

Aber danach ging’s dann wirklich los zu den Lagunen und wir düsten wieder durch die schöne Landschaft davon. Ich habe da übrigens so eine Theorie: Und zwar bin ich mir ziemlich sicher, dass eine Aufgabe der Werde-ein-Guide-Abschlussprüfung von San Pedro de Atacama darin besteht, zu jedem möglichen Lied im Radio den Songtext zu kennen und lauthals mitzusingen! Denn auch Rodrigo hatte so viel Spaß daran, seine Musik voll aufzudrehen und dazu zu performen. Das macht die Stimmung im Minivan aber dann umso ausgelassener und ich fand es richtig lustig.

Food & Flamingo time

Ein Mittagessen später mit der Aussicht unseres Lebens ging es dann wieder Richtung zurück.

Am Ende der Tour durften wir nochmal ein paar Flamingos in ihrem natürlichen Lebensraum bestaunen, bis dann in der Ferne ein Sturm aufzog (– wir haben sogar einen kleinen Tornado aus Sand gesehen) und wir uns beeilten, wieder zurück nach San Pedro de Atacama zu kommen!

Blick ins Universum

Was kann man in einer Wüste besonders gut tun? Genau – ins endlose Nichts des Himmels starren. Tagsüber kann das ein bisschen langweilig werden aber nachts verwandelt sich die sonst so blitzblaue Leinwand in ein rießengroßes Gemälde aus Sternen. Ohne irgendwelche Lichter in der Nähe sind das auch plötzlich ziemlich viele… viel mehr, als man mit jeder Geduld malen könnte.

Auf einer Stargazing Tour wurden wir mit in die Weiten des Universums genommen. Nach einem 15 min Infofilm wurden uns in einer Art Mini-Amphitheater mit einem extra starken grünen Laserpointer am Himmel all die Konstellationen gezeigt und unterschiedlichen Sternbilder erklärt. Ich kleiner Schlaumeier habe erst nach langem Nachdenken verstanden, warum wir den großen Wagen nicht entdecken konnten – der war wohl gerade auf der anderen Seite der Erde bei euch. In der Sternenshow war auch ein Teetschi, Snack und ein Livestream durch ein Teleskop dabei. Besonders beeindruckend: Die Milchstraße und kleine Nebel, die sich darin befinden. Und die Erklärung, wie man den geografischen Süden findet, wenn man sich mal verirrt hat. Nach einer kurzen Fotosession, die wir ehrlicherweise ein bisschen verkackt haben mit unseren super natürlichen Posen und Gesichtsausdrücken, durften wir dann auch schlussendlich durch verschiedene Teleskope spähen und die glühenden Kugeln aus Gas ganz nah erleben. Wusstet ihr, dass manche Sterne bunt sind? Und dass manche auch Doppelsterne sind? Und dass andere wiederum gefühlt aus einem ganzen Sternenhaufen bestehen?

Nicht nur für Touristen ist die Atacamawüste der perfekte Ort, um in die Tiefen des Weltraums zu blicken. Hier stehen viele, teils sehr wichtige Teleskope der Welt. Warum? Zum einen ist die Wüste sehr hoch gelegen, zwischen 4000 und 5000m. Die Lichtverschmutzung ist durch die dünne Besiedlung genauso wenig problematisch wie sonst wohl störende Radiowellen. Zum anderen ist die Wüste extrem trocken und es gibt nur sehr wenig Regen, was für die Strahlungen (mit denen die wichtigen Weltraumdaten gemessen werden) besonders gute Bedingungen sind. Feuchtigkeit kann diese nämlich schlucken. Hier wurde übrigens 2019 auch das allererste Bild eines Schwarzen Lochs veröffentlicht. Die ESO (Europäische Südsternwarte) baut außerdem gerade ein ELT (Extremely Large Telesecope), das uns in etwa 4 Jahren ermöglichen soll, mit dem stärksten Auge der Welt noch weitere Untiefen des Alls zu erkunden. Ich bin gespannt, was es dann so zu sehen gibt.

Ein Bild aus der Galerie ist besonders lustig, da hat Patrick versucht, durch das Teleskop zu fotografieren. Weil sein super Handy aber gleich 3 Kameras hat, haben wir im Dunkeln nicht ganz verstanden, wo gerade was ist und als Patrick endlich stolz ein Bild von einem roten Kreis erwischt hat, sind wir draufgekommen, dass es nur der Einschaltknopf vom Teleskop war. Upsi.

Valle de la Luna

Das Mondtal, unser erster richtiger Ausflugsort in Chile! Ausnahmsweise haben wir hier für unser Geld sogar einen Tourguide bekommen, der uns allerlei spannende Dinge erzählt hat; über die Lage von San Pedro in der Atacama Wüste, die Gebirgszüge, die die Stadt umgeben und natürlich – über Valle de la Luna, das Mondtal, in das wir fuhren.

Dieses besondere Tal ist Teil des Salzgebirges Cordillera de la Sal. Das ist eines der zwei Gebirge, die San Pedro im Westen einschließen (das andere heißt Cordillera Domeyko). Im Osten sind es übrigens die Anden, aus denen wir ja gerade erst heraus- bzw. herunter gedüst sind (versteht mich nicht falsch, wir sind hier immer noch auf 2500m, aber das ist schon weitaus weniger luftig). Das Salzgebirge besteht tatsächlich aus Salzgestein (hab ich aber nicht testen können, Patrick hat mich davon abgehalten es abzulecken), das mit verschiedenen anderen Sedimenten vermischt durch die Verschiebung der tektonischen Platten an die Oberfläche gedrückt wird. Dadurch entsteht eine zerklüftete Karstlandschaft, die schon ein wenig bizarre Formen hervorbringt (an denen man auch schön die verschiedenen Schichten des Bodens sehen kann).

Der Name dieses Tales kommt wohl daher, dass es an jeglicher Vegetation fehlt und die weiße, runde Ebene in der Mitte der Landschaft schon irgendwie an einen Mond erinnert; oder eben zumindest an eine Mondlandschaft.

Sehr beeindruckt sind wir unter der Mittagssonne durch die Landschaft spaziert. Es ist nämlich so: Während es in Bolivien so praktisch gar keine Straßen gab und man tun und lassen konnte, was man wollte, sind hier im Nationalpark sogar fürs Wandern kleine Wege angelegt, von denen man auf gar keinen Fall abweichen darf. Praktisch für die Erhaltung der Natur, man fühlt sich aber ein bisschen wie kleine Schäfchen, die ihrem Hirten nachlaufen.

Es gab noch zwei drei weitere Stopps, in denen wir uns die Salzminen zur damaligen Gewinnung des Salzes ansehen konnten (wo größtenteils einfach Salzklumpen mit Dynamit aus dem Gestein gesprengt wurden). Dass diese irgendwann einfach liegen gelassen und nicht mehr betrieben wurden, liegt an der Entscheidung eines einzelnen Präsidenten im 20. Jahrhundert, der beschloss, dass Salz zukünftig nur noch mit Iod verkauft werden durfte. Da aber kein Fünkchen Iod im Salzgebirge vorkommt, war es wohl erschwinglicher, einfach alles liegen und stehen zu lassen und sich eine neue Beschäftigung zu suchen.

Den Abschluss der Tour bildete dann eine Fahrt zu dem Aussichtspunkt am Bild, wo wir noch ein wenig die Landschaft von oben bewundern konnten. Eigentlich soll man hier bis zum Sonnenuntergang bleiben dürfen, aber an unserem Tag schloss der Nationalpark wohl schon früher und wir fuhren nach unten, wo wir irgendwo im nirgendwo noch ein schnelles Picknick abhielten und sich der Guide (weil es sein letzter Tag war) noch einen Joint genehmigte. Nachdem wir passenderweise den ganzen Tag schon das Album The Dark Side Of The Moon von Pink Floyd gehört hatten (anlässlich des 50-jährigen Jubiläums an diesem Tag!), wurden zum Abschluss nochmal die Lautsprecher des Autoradios voll aufgedreht und folgendes Lied gespielt (ihr könnt ja reinhören, während ihr die Galerie anschaut):

Audiobegleitung zum Anschauen der Galerie
Hinweis: Nein, da hat es nicht geschneit – das ist tatsächlich alles Evaporit. Das ist ein Sediment, dass bei der Verdunstung des Wassers die Mineralien im Gestein an die Oberfläche bringt und die Landschaft so mit einer dünnen Salzkruste überzieht.

Der wunderschöne Süden Boliviens

Die letzten Tage in Bolivien haben wir mit einer 3-tägigen Tour durch den Süden des Landes verbracht. Wobei ich eher Transport als Tour sagen sollte, weil ich absolut nichts von dem Spanisch oder Quechua verstanden habe, was der Fahrer zu mir gesagt hat. Vor allem, als er mir den Schraubenzieher in die Hand gedrückt und wild gestikuliert hat, dass ich seine Amaturenbrettabdeckung befestigen sollte, die dauernd runterrutschte. Keine. Ahnung. Wie. Aber naja, wir ließen uns nicht einschüchtern und sind auf unserer Allrad-Taxifahrt also in die Weiten der Anden eingetaucht. Und auch, wenn es an manchen Stellen bestimmt schön gewesen wäre, ein paar Hintergrundinfos zu der Altiplano Hochebene und ihrer Fauna und Flora zu erfahren, war die Natur mächtig, beeindruckend und einfach anders als alles, was ich bisher gesehen habe.

Tag 1: Salar de Uyuni

Nach einem kurzen Zwischenstopp beim stillgelegten, rostigen Zugfriedhof war der erste Halt auf der Taxifahrt die berühmte Salzwüste Salar de Uyuni. Das ist die größte Salzpfanne der Welt. Hier wird bis heute noch Salz abgebaut („Und auch direkt wieder an die Touristen verkauft, aber laut dem Guide aus dem anderen Auto nicht außerhalb von Bolivien“ – Patrick). So weit das Auge reicht, sieht man eine weiße Kruste vor sich liegen. Und wenn es regnet, bildet sich an manchen Stellen eine Wasserschicht auf der glatten Oberfläche, die dann als riesiger Spiegel fungiert. Das soll sehr spektakulär sein; wir konnten es auf unserer Taxifahrt aber leider nicht so richtig sehen, auch wenn es angeblich gerade erst geregnet hatte. Nichtsdestotrotz hat uns die Weite der Salzpfanne, -tonebene, -wüste oder wie man sie sonst nennen möchte einfach umgehauen! So viel Nichts auf einmal! Ob sich wohl die Antarktis genauso anfühlt (nur in kalt)?

Sonnenbrille ist Pflicht bei so viel reflektierendem Sonnenlicht

Einen Wermutstropfen gab es allerdings schon: Ich selber konnte die Salzwüste leider nicht ganz so sehr bewundern, weil mir von der Fahrt mit dem Nachtbus immer noch extrem schwummrig und schlecht war. Landkrank nennt man das glaube ich, wenn dann im Nachhinein immer noch alles wackelt. Ich musste mich also echt zusammenreißen, denn ein auffälliger Kotzfleck wäre auf dem ewigen Weiß bestimmt nicht so gut angekommen…

Auf dem Tagesplan stand noch ein Besuch des Salzhotels, wo wirklich alles aus Salz gebaut ist (ok, die Klos nicht – und die waren ehrlich gesagt das einzige, was ich davon gesehen habe…) und die Kaktusinsel Isla Incahuasi, die sich inmitten der Salzwüste mit hunderten Säulenkakteen auftut.

Den 40-minütigen Spaziergang rund um die Insel haben wir zwar nicht geschafft, aber dafür konnten wir ein süßes 8 Tage altes Babylama beobachten, das bei seinem Frauchen schon ums Abendessen bettelte, indem es ihr unter den Rock kroch oder am Hut knabberte. Schlussendlich hat es das Milchgemisch mit Tee auch bekommen. Schon überraschend, wie groß das Tier nach so kurzer Zeit schon ist, oder?

Für uns hieß es dann nur noch, das Feierabendbier der anderen bei Sonnenuntergang zu überstehen und danach durften wir müde ins Salzbett in Atulcha fallen (nur der Rahmen ist aus Salz, keine Sorge) und einschlafen. Den Schlaf ohne Rumgeschwanke hatte ich bitte nötig. Und siehe da, am nächsten Tag ging es mir auch schon wieder ein bisschen besser.

Tag 2: Die Anden

An Tag 2 ging es dann frisch gestärkt weiter mit der Taxifahrt (ja, ich weigere mich konsequent, es Tour zu nennen) tiefer in das Andengebirge hinein. Die Temperaturen kühlten nochmal stärker ab und die Landschaft veränderte sich immer mehr, je weiter wir auf den staubigen Straßen in die verschiedenen Ebenen vordrängten.

Apropos Straßen… Die gab es nicht. Die meiste Zeit fuhren wir in irgendwelchen Spuren der Wüste entlang, die manchmal sogar parallel zu 7 anderen verliefen. Die Fahrer können sich wohl mindestens genauso schlecht entscheiden wie ich.

Das sieht man jetzt nicht unbedingt auf den Fotos, aber auf dem Weg lagen oft auch viele Steine oder andere Splitter rum. Ich hab mich eh schon gefragt, wie die Autos da unbeschadet drüber rasen können, da hatte ein anderes Auto auch schon den ersten Reifenplatzer. Während wir also brav warteten (und die Landschaft fotografierten), brachten die Fahrer das eine Auto wieder auf Vordermann.

Lustig wurde es, als dann auch noch das andere Auto unserer Kolonne einen Platten hatte. Also musste der zweite Ersatzreifen ausgepackt werden. Das Lachen verging uns erst, als dann das eine Auto einen zweiten Reifen kaputt fuhr. Denn jetzt musste auch der Ersatzreifen unseres dritten Wagens herhalten. Da wird einem dann schon ein wenig mulmig zumute, wenn man plötzlich mit 3 Autos und ohne extra Rad mitten in der Wüste unterwegs ist, wo man irgendwie schon seit mehreren Stunden niemandem anderen mehr begegnet ist…

Die spektakulären Ausblicke auf die Lamas im Sora Canyon, Flamingos in Hochgebirgslagunen, die Wüste von Siloli mit dem „Felsenbaum“, den unglaublich rot gefärbten See Laguna Colorada und die zischenden Geysire Sol de Mañana und ihre Dampfschwaden ließen uns die Hoppalas dann aber ganz schnell wieder vergessen. (Die Namen von den Orten hab ich jetzt einfach bei anderen Touren gegoogelt.)

Ich geb's ja zu, so im Nachhinein haben wir ganz schön viel in einem Tag gesehen! Das war uns beim Rumfahren und mitten irgendwo im Nirgendwo Stehenbleiben gar nicht so bewusst... 

Tag 3: … Nichts

Vom dritten Tag unserer Taxifahrt kann ich leider nicht viel erzählen, denn nach dem alleinigen Frühstück um 06:00 Uhr ging es für uns zwei raus in das plötzlich eiskalte, verschneite Nichts, um zur Grenze zu Chile zu fahren. Diesmal kam sogar ein Guide mit (wahrscheinlich um zu übersetzen), der uns erzählte, dass hinter den Nebelschwaden wohl noch die bunte Dali-Wüste und das grüne mineralische Wasser eines Sees am Fuße des Vulkans Licancabur liegen würden. Tja, die haben wir wohl verpasst, aber dafür sind wir ziemlich fluggs über die Grenze geworfen worden und durften fröstelnd im Bus nach San Pedro de Atacama auf unsere Abfahrt warten.

Puh, liebes Bolivien. Du warst echt schön, aber ein bisschen froh sind wir schon, dieses unorganisierte Chaos hinter uns lassen zu können. Dass der Text etwas frustriert klingt, liegt auch einfach daran, dass wir ganz andere Erwartungen an die Tour hatten. Die haben sich ganz heimlich eingeschlichen, als wir von anderen Reisenden hörten, wie das die coolste Erfahrung in ganz Bolivien war. Und weil wir eigentlich bei der am besten bewerteten und teuersten Organisation gebucht hatten, gingen wir davon aus, dass es für uns mindestens genauso schön wird. Aber manchmal kommt es eben anders als erwartet und wir versuchen tapfer, uns von enttäuschten Erwartungen oder der Landkrankheit nicht das gesamte Erlebnis vermiesen zu lassen. Auch wenn wir das vielleicht noch üben müssen, bis wir es richtig gut können.

Erholung in den Bergen

Nach all dem Rambazamba im Dschungel und der aufregenden Autofahrt hatten wir das Gefühl, einfach mal alles gut sein lassen zu müssen. Einfach einmal zu entspannen und uns zu erholen. Das war auch bitter notwendig, nachdem es zuerst Patrick und dann mir so ganz und gar nicht gut ging. Von Bauchkrämpfen hin zu Durchfall, Kopfschmerzen und Übelkeit war sicher alles dabei.

Ab in die Berge!

Ganz viel Entspannen …

So kam es also, dass wir mit einem Taxi aus La Paz raus in den Süden fuhren. Schlagartig änderte sich hier unterwegs die Landschaft, bis wir nach einer Stunde etwa unser Ziel erreichten: Ein Tipi am Rande des Tals der Blumen, in das wir uns gemütlich einmümmeln konnten. Viel Platz war da nicht, aber das reichte uns zum Ruhe geben. Lesen. Atmen. Eindrücke sacken lassen. Wir haben auch wirklich versucht, uns einfach einmal zu schonen was Aktivitäten und das Essen betrifft (was gar nicht so einfach ist, wenn der kleine Mini Supermercado nebenan nur 3 Sorten Kekse und Reis im Angebot hat). Aber dann wurde es eben Gemüsereis mittags und Milchreis am Abend. Sicherlich 5 Tage haben wir gebraucht, um uns einigermaßen wieder fit zu fühlen. Und das höchste der Gefühle war ein kleiner Spaziergang runter in das schöne Tal – wo Menschen die Schnittblumen pflückten, die dann in La Paz auf dem Markt landen.

… und auch ein bisschen Abenteuer

Am ersten Tag, an dem wir dann wieder so halbwegs gut beinander waren, ist dann was Lustiges passiert: Zwei andere Reisende, Jori und Kelly, haben bei ihrem Ausflug einen Musiker getroffen: Linus, ein wirklich seltsamer Vogel und langjähriger Freund unseres Tipibesitzers.

Linus und der Tipibesitzer

Mit ihm sind sie ins Gespräch gekommen und weil er am folgenden Tag nichts vor hatte, hat er ihnen angeboten, sie auf einen kleinen Tagesausflug mitzunehmen; zu ein paar schönen Zielen, zu denen sie teilweise eh mal wollten. Weil es zu mehrt lustiger und auch weniger teuer ist, haben uns die zwei dann gefragt, ob wir mitmachen wollen und ehe wir uns versahen saßen wir auch schon im kleinen Minibus von Linus auf dem Weg ins Unbekannte.

La Muela del Diablo

Zuerst brachte uns unser neu gewonnener Guide zu dem erloschenen Vulkankern La Muela del Diablo, eine kleine Erhebung in den Bergen, die wir jeden Tag beim Zähneputzen aus von der Rückseite betrachten konnten. Der Weg dahin war wirklich steil und die unbefestigte Straße wirkte bedrohlich eng – vor allem wenn uns ein Auto entgegenkam. Aber Linus schickte ein paar gute Wünsche an Pachamama und irgendwie haben wir das dann tatsächlich geschafft. Außer Atem, halb am Weinen und innen am Auto festgekrallt (ja, das muss wohl in Bolivien immer so sein). Nach einer kurzen Wanderung in die Spitzen des Teufelzahns wurden wir mit der wohl schönsten Aussicht belohnt.

Danach nahm uns Linus wieder mit runter (diesmal saß ich aber angeschnallt am Beifahrersitz, weil ich es hinten im Auto nicht mehr aushielt) und brachte uns zum nächsten Tal Valle de las Animas. Ein besonders kraftvoller Ort, an dem nachts in Zeremonien die Geister beschworen und um Gefallen gebeten werden.

Weil Linus Haus eh am Weg durch das Tal war, brachte er uns auch noch schnell für Kaffee und eine Klopause dorthin. Im Gespräch erfuhren wir, dass er selbst neben Musiker, Tourguide und Hostelvermieter auch noch Schamane in seiner Community ist. Und weil wir eh am Warten waren, hat er schnell seine verschiedenen toten Tiere ausgepackt und mit Kokablättern unsere Zukunft vorhergesagt. Meine Vorhersage war besonders toll, weil sich eins der drei Blätter leicht aufgestellt hat (durch eine Falte des Tuches darunter) und das ist so etwas Gutes, dass Linus gleich in die Hände geklatscht und gestrahlt hat. Sein Rat, den er mir mit auf den Weg gab: Job und Familie schlecht (Tschuldigung an alle) aber eine tolle Zukunft wartet auf mich (wegen dem tollen Blatt), der ich einfach ganz langsam aber stetig entgegen gehe. Jori durfte dann auch noch den Kondor anziehen und ein kleines Ritual durchführen, was für sie ganz besonders, für uns aber ein bisschen zu abgespaced war.

Patrick klinkt sich lieber aus

Danach waren wir beide etwas froh, als es endlich wieder los und tiefer ins Tal ging und wir an all den Freunden von Linus vorbei tuckerten, die er fröhlich begrüßte. Unter anderem auch einer 100-jährige Frau, die super fit und mit einem breiten Lächeln mit vielen Zahnlücken am Straßenrand saß. Wir trafen aber auch auf einen aufgeregten Esel, allerlei Straßenhunde und verschiedenen Personen, die ihren alltäglichen Arbeiten nachgingen.

Oh, und einer Menge Müll

Die Überraschung kam erst noch, als Linus dann irgendwo plötzlich anhielt, uns aussteigen ließ und meinte: „So. Ihr wandert jetzt weiter durch den Canyon und ich hole euch dann in 2 Stunden am anderen Ende ab.“ So ganz wussten wir nicht, ob das gerade sein Ernst war. Aber der Weg wirkte freundlich und nachdem er die wichtigsten Abzweigungen mit einem Stock in den Boden gezeichnet hatte und uns versicherte, dass wir das hinbekämen, fühlten wir uns halbwegs zuversichtlich. Aber eher nur halbwegs. Wir machten uns trotzdem auf den Weg, wir waren ja immerhin zu viert und Kelly hatte die Karte bei Google Maps heruntergeladen. Was folgte, war die wohl schönste Wanderung auf unserer bisherigen Reise: Ein ruhiger, einsamer Spaziergang durch die riesigen Felswände des Canyon de Palca.

Inmitten all der atemberaubenden, rauen Natur verliert man sich dann irgendwie ganz schnell und fühlt sich plötzlich gar nicht mehr so wichtig wie sonst. Gedanken- und wortlos stapft man verloren durch das ausgetrocknete Flussbett und kommt aus dem Staunen über die unterschiedlichen Felsformationen gar nicht mehr heraus. 

Und wer hätte es gedacht… nach ziemlich genau einer Stunde und 50 Minuten sahen wir Linus und seinen Minibus am Rande einer Straße auf uns warten.

Geschafft!

Anfangs war ich ja wirklich etwas skeptisch, aber heute bin ich dankbar für die tolle Erfahrung, die er uns ermöglicht hat und all die interessanten Geschichten, die er uns unterwegs über sein Leben, Gesellschaft und Politik in Bolivien und die Natur erzählt hat. Hier als Abschluss noch eine seiner kleinen musikalischen Darbietungen:

The Fast and the Furious: Bolivian Drift

Ja, wir waren bereit für einen Flug zurück nach La Paz, um endlich ein bisschen unsere Seele baumeln zu lassen und uns auszukurieren. Nur leider war der Flug nicht bereit dafür. So gar nicht – er wurde nämlich nach 2h Verspätung einfach storniert. Sowas ist leider ein bisschen blöd, weil das kleine Flugzeug nur alle 2-3 Tage von Rurrenabaque nach La Paz fliegt. Und weil wir und unsere neu gewonnen Friends nicht unbedingt so lange warten wollten (es ging immerhin nicht allen so super und es ist ja nicht garantiert, dass der nächste Flieger abheben kann), beschlossen wir, zu 6 für die gleiche Strecke ein Taxi zu nehmen.

Das hübsche Rurrenabaque hätte aber zum Bleiben eingeladen

Im Nachhinein eine sehr fragwürdige Entscheidung.

Was wir in den folgenden Stunden daraufhin erlebt haben, war die wohl mit Abstand gruseligste Autofahrt meines Lebens. Man muss sich das so vorstellen: Die 3900m, die im Flieger nur so vorbeigezogen sind, mussten wir jetzt natürlich auch mit dem Auto wieder hinauf fahren. Da sind aber ziemlich viele Berge im Weg. Und weil das ganze eine so abgelegene Gegend ist, hat sich niemand die Mühe gemacht, die Straßen den Bergen entlang sonderlich herzurichten. Leitbaken? Fehlanzeige.

Mit 100km/h über die unbefestigte Schotterstraße in eine Staubwolke zu rasen, ohne zu sehen, was sich darin verbirgt und in dem Wissen, dass nebendran der Berg in die Tiefe schießt, erfordert echt viel Vertrauen in den Fahrer. Mir persönlich ist öfter Mal das Herz stehen geblieben, wenn der Fahrer wieder meinte, mit dem ganzen Fuß auf das Gaspedal treten zu müssen, um in der Kurve einen LKW zu überholen. Und kam dann mal eine Asphaltstraße, wurde es trotz Schlaglöcher noch schneller. Alle haben sich also einfach innen irgendwie angekrallt (in Bolivien gibts keine Gurte) und gebetet, dass alles gut wird. Manchmal konnten wir dann im Auto nichtmal mehr weiter reden, weil wir alle die Luft anhalten mussten wegen wieder irgendeinem riskanten Fahrmanöver.

Der Ausblick war, wenn man ihn mal genießen konnte, super schön
Erics Geschwindigkeitsvideo

Was wir da noch nicht wussten: Nach unserem Zwischenstopp in Caranavi wechselten wir das Taxi und der zweite Fahrer nahm das mit der Geschwindigkeit und Sicherheit noch weniger Ernst, und das, obwohl es langsam stockfinster wurde und dann auch noch Nebel aufzog. Da hab ich mich dann mit Mady auf die Rückbank verzogen, weil man sich dort wenigstens ein bisschen besser festhalten konnte.

Und wer glaubt, dass ich hier übertreibe: Direkt neben unserer Strecke gibt es die berühmte Death Road (die man mit Mountainbikes in Touren entlang radeln kann), auf der Autofahren mittlerweile verboten ist, weil es zu viele Unfälle gab… Ich war jedenfalls endlos froh, als wir irgendwann heil in La Paz angekommen sind. Nach 8 Stunden Herzrasen auf einer Strecke, für die der Bus übrigens mindestens 12 braucht…

Naja, Ende gut, alles gut

Kontrastreiches La Paz: Die schreckliche Seite

An einem unserer Tage in La Paz haben wir uns dann besonders mutig gefühlt und trotz kleiner Höhenkrankheit nachmittags noch an einer Walking Tour teilgenommen, um mehr über die Geschichte, Traditionen und das Leben in La Paz zu erfahren. Ein paar der Bilder hab ich schon in der Galerie im ersten Beitrag zu La Paz versteckt. In diesem Beitrag möchten wir auf die eher nicht so schöne Seite aufmerksam machen. Wer sich die skurrilen und grauslichen Erzählungen unseres Guides ersparen möchte, darf diesen Beitrag getrost überspringen. Von außen mag das Leben nämlich fröhlich, bunt und locker sein. Doch hinter den Kulissen spielen sich verrückte und teilweise schreckliche Dinge ab.

Hinweis: Vor allem unseren besorgten Eltern raten wir hier eher vom Lesen ab. Bussi an euch. Uns geht's gut!

Bereit für ein paar Gruselgeschichten?

Es ist gefährlich: Und das gefühlt überall. Besonders nachts sollte man sich in vielen Vierteln der Stadt besser nicht aufhalten. Der Lieblingsspruch unseres Guides schien zu sein: „Don’t go there“, als wir von außen an unscheinbaren Abzweigungen zu Straßen und Gassen vorbei schlenderten oder er einfach auf die andere Seite der Brücke deutete. Warum? Drogen- und Schmuggelbanden treiben ihr Unwesen und Kleinkriminelle sind bereit, sich als falscher Taxifahrer oder Polizist auszugeben, um unter falschen Vorwänden oder mit Entführungen von Touristen Geld zu erpressen.

Ob der wohl „echt“ ist?
Sympathische Spuren einer Schusswaffe in der Fassade

Opfergaben für Gebäude: Auch etwas erschreckend, aber vor allem skurril: Unter der gesamten Stadt sind tote Lamas vergraben. Sie wurden als Opfergaben für das Errichten von Gebäuden von der indigenen Bevölkerung für Patchamama (Mutter Natur) geopfert. Kleinere Häuser haben nur kleine Lama Föten darunter, aber größere Projekte erfordern das Opfer eines größeren Tieres oder, wenn man dem verschmitzt lächelndem Guide glaubt, auch freiwillige Menschen (die dafür mit einer letzten glorreichen Nacht „entschädigt“ werden).

Ja… die sind echt…

Zu der Opfergabe werden dann noch einige andere Dinge gegeben, unter anderem Zuckertafeln mit bestimmten Symbolen, die am Hexenmarkt erworben werden können. Dort gibt es dann noch haufenweise anderer Seltsamkeiten; von Liebestränken über angebliche Corona-Medizin hin zu kleinen Figuren, die Glück bringen sollen. Der Guide erzählte alles sehr überzeugend und ich frage mich bis heute, ob er an die Wirkungen, die von den Fläschchen mit den seltsamen Inhalten versprochen werden, wirklich glaubt.


Luxusgefängnis von und für Gefangene: Eine andere skurrile Erzählung brachte uns das Gefängnis von San Pedro näher; ein von Straftätern wohl selbstgeleiteter Gebäudekomplex, den man sich als verhaftete Person erst einmal leisten können muss. Ein Zimmer bzw. eine Wohnung kostet nämlich ordentlich. Darin kann man dann wie in richtigen Stadtvierteln mit seiner ganzen Familie einziehen und hat wohl einige Freiheiten. Berühmt wurde das Gefängnis durch Rusty Youngs Roman Marching Powder. Im Inneren soll wohl das reinste Kokain der Stadt hergestellt werden und wurde früher angeblich in Päckchen über die Mauern geworfen. Mutige Touristen können sich das Ganze auf einer illegalen Tour von innen ansehen, uns war das aber zu unheimlich und die Geschichten von Touris, die erpresst und zunächst nicht mehr rausgelassen wurden, zu echt.

Von außen sieht man hier nur fensterlose Mauern

Warnung: Der nächste Absatz beschäftigt sich mit Selbstmord.

Elefantenfriedhöfe: Besonders unangenehm wurde es aber erst bei den Erzählungen über die sogenannten „los cementerios de elefantes“ – übersetzt so etwas wie Elefantenfriedhöfe. Es ist eine Art Hotel, aus dem die Gäste nie zurückkehren; denn hier kommen sie zum Sterben hin. (Anmerkung: Wenn ich ehrlich bin, hab ich das Konzept auch erst nach der Tour verstanden, als ich ungläubig danach googeln musste. Das Folgende ist also nur zusammengesuchtes Halbwissen.) Ich starte trotzdem einen Erklärungsversuch: Das Ganze wurde eine zeitlang als makaberer Mythos abgetan, ist aber leider trotz gesetzlichem Verbot und Razzias schreckliche Realität. In unscheinbaren Gebäuden, z.B. verborgen durch die Fassade eines Mehrfamilienhauses oder normalen Geschäften, gibt es mit alten Matratzen und Kübeln ausgestattete, unbeleuchtete Räume. Darin können sich Menschen (oft obdachlose Alkoholiker aber auch viele andere), die das Leben nicht mehr ertragen möchten, einen Kübel hochprozentigen Alkohol kaufen und sich langsam damit in ein Dilirium trinken, bis sie schließlich an ihrem Organversagen und der Dehydrierung sterben. Es ist ein grausamer Prozess. Unser Guide erzählte uns, wie er mal nach einem Freund suchte, um ihn da wieder rauszuholen. Das nächste Sterbehotel wäre angeblich nur die Straße runter, sagte er uns. Ich erschaudere jetzt noch, dem ganzen Schrecken so nah gewesen zu sein. Wer mehr dazu wissen möchte, kann diesen englischen Bericht dazu lesen. Dem Freund geht es heute übrigens wieder besser.

Plötzlich sieht jeder Hauseingang oder vermeintlicher Shop irgendwie verdächtig aus

Versklavte Minenarbeiter: Bei den letzten Erzählungen über die abhängigen Minenarbeiter, die in Coca-Blättern bezahlt wurden, habe ich dann schon ein wenig abgeschaltet. Aber auch hier hat uns Eric später erklärt, dass die versklavten indigenen Arbeiter in der Kolonialzeit wohl nur eine Lebenserwartung von weiteren 3 Jahren hatten, sobald sie in den Minenschächten zu arbeiten beginnen mussten. Kein Wunder, dass es bei vielen zu einer regelrechten Kokain-Sucht kam. In den Straßen von La Paz erinnern nur manche Graffitis an die schreckliche Geschichte. Davon haben wir allerdings kein Bild gemacht…

Zur Aufmunterung hab ich nur ein süßes stickendes Lama Graffiti

Zugegeben, die Erzählungen über Überfälle, Opfergaben, Drogen, Selbstmorde und Sklaverei rücken die sonst so wunderschöne Stadt plötzlich in ein ganz anderes Licht und ließen uns insgeheim etwas froh sein, schon am nächsten Tag wieder weiterzureisen. Um euch nicht mit einem schlechten Gefühl zurückzulassen, möchte Patrick noch kurz zwei lustige Fun Facts zu den folgenden Fotos erzählen, über die uns unser Guide auch etwas erzählt hat. Na, fällt euch darauf etwas auf (außer die vielen Tauben)?

"Bolivien hatte vor wenigen Jahren noch einen exzentrischen und wenig beliebten Präsidenten, der für ein paar Eigenheiten sorgte. Ein ganz besonderes Beispiel ist, dass auf dem Regierungsgebäude in La Paz eine Uhr installiert wurde, die gegen den Uhrzeigersinn geht. Deshalb sollte man in La Paz wohl vorsichtig sein, wenn man vom Uhrzeigersinn spricht und spezifizieren, auf welche Uhr man sich bezieht. Damit dann nicht 2 Uhr vor 1 Uhr kommt wurden die Zahlen ebenfalls in der umgekehrten Reihenfolge angeschrieben. Welchen Mehrwert das bringt ist uns allerdings nicht ganz klar. 

Ein zweiter Fun Fact stammt von den Flaggen, die vor dem Regierungsgebäude gehisst sind. Die ersten zwei (auf dem Bild die zwei höheren) sind noch relativ normal. Da ist zu einem eine Flagge gehisst, die die 36 unterschiedlichen Ethnien in Bolivien repräsentiert (oben links). Sie besteht aus vielen verschiedenen Farben. Die zweite ist auch eher unspektakulär, es ist die Flagge von Bolivien (oben rechts). Die dritte Flagge ist jedoch alles andere als gewöhnlich, auch wenn man es auf den ersten Blick vielleicht nicht bemerkt (unten). Sie zeigt eine Kombination aus den ersten beiden Flaggen zusammen mit Sternen auf einem blauen Hintergrund. Das Blau der Flagge steht hierbei für den Zugang zum Meer... Moment mal. Wenn man sich einmal die Landkarte zu Gemüte führt, stellt man sehr schnell fest, dass Bolivien komplett von anderen Ländern eingeschlossen ist und damit überhaupt keinen Zugang zu irgendeinem Meer hat! Deshalb ist wohl auch die komplette Marine im Titikakasee stationiert. Warum man also eine Flagge dafür braucht und welchen Aufgaben sie im See nachgeht ist wieder eine Sache, die sich uns nicht ganz erschließt. 

Allerdings versucht Bolivien auch immer wieder, sich das Recht auf einen Meereszugang einzuklagen; bisher aber ohne Erfolg. Wir drücken die Daumen, dass es irgendwann klappt und die Flagge sinnvoll genutzt werden kann." – Patrick

Und damit hasta luego du kontrastreiche Stadt.

Kontrastreiches La Paz: Die schöne Seite

Schon fast zwei Wochen sind Patrick und ich jetzt in unserem nächsten Reiseziel Bolivien unterwegs und wuseln hier fleißig durch die Gegend. Aber weil wir leider kaum Internet hatten (und auch uns auch eine kleine digitale Pause genehmigen wollten), nehmen wir euch erst jetzt mit in die spannenden Eindrücke, die wir von diesem Land gewinnen konnten.

Ankunft und erster Eindruck

Als wir nach unserem mehr schlecht als recht und mehr kurz als lang andauerndem Schlaf morgens das Fenster zur Straße hin öffneten, überraschte uns der Anblick der belebten Gegend. Während gestern nachts um 03:00 Uhr, als wir mit dem Taxi vom Flughafen abgeholt wurden, noch alles ziemlich düster, dunkel, unheimlich und seltsam beklemmend wirkte, scheint die Atmosphäre wie ausgewechselt.

In bunter traditioneller Kleidung sitzen vor allem Frauen, sogenannte Cholitas, auf der Straße und verkaufen hier am Straßenrand Backwaren, Früchte und Gemüse, Käse, frisch gepresste Säfte, Süßkram und haufenweise Schnittblumen. Aufgrund ihrer schönen Kleidung mit vielen Unterröcken, bunten Schultertüchern und einem Melone-artigen Hut auf dem Kopf wirken sie wie aus einer anderen Zeit. Eric (ein Reisender, den wir später auf einer Tour kennenlernten) erzählte uns, dass die Frauen früher gezwungen waren, diese spanische Tracht zu tragen, sich aber heute als Zeichen ihrer Unabhängigkeit traditionell kleiden, da sie es aus eigener Überzeugung wollen und können.

Wir fühlten, wie wir in eine ganz andere Welt eintauchten, als wir beschlossen, die Gassen entlang zu spazieren. Oder soll ich sagen: die Gasse? Viel weiter als ein, zwei Blöcke kamen wir nämlich beim ersten Anlauf nicht, ohne direkt aus der Puste zu sein. Das liegt an der ungewohnten Höhe. Wir sind hier nämlich auf dem Großglockner! Also vergleichsweise, weil das Viertel Sopocachi des zerfurchten Talkessels von La Paz auf einer Höhe von etwa 3780m liegt. Da oben ist die Luft ganz schön dünn, das sagten zumindest unsere Köpfe, die sich wie Watte anfühlten und die leichte Übelkeit, die sich in uns breit machte. Über den Dächern der endlos aneinandergereihten Lehmziegeln und braun-rötlichen Backsteinbauten erkennt man übrigens auch die Stadtviertel El Alto auf über 4100m und in weiter Ferne das Gebirge Cordillera Real mit dem mächtigen schneebedeckten Vulkan Illimani, der stolze 6438m hoch ist.

Illimani

Um uns also das Leben nicht ganz so schwer zu machen, haben wir uns auch ein bisschen in unserem riesigen Hostelzimmer mit Ausblick oder dem süßen Kaffee Carrottree mit Wintergarten um die Ecke entspannt.

Lass uns über die Dächer schweben

Am zweiten Tag haben wir dann beschlossen, uns das Geschehen lieber ganz bequem aus luftiger Höhe anzusehen und stiegen in eine Gondel der Teleférico Linie „Roja“ ein, die uns schwupps über die Dächer der Stadt schweben ließ! Und damit begannen wir die Fahrt im größten Seilbahnnetz der Welt.

PS: Danke für die tolle Empfehlung, liebes IXD Team!

Weil eine 20-30 minütige Fahrt mit einer Linie nur zwischen 3-5 Bolivianos kostet (das sind etwa 40-70 Cent) und die Perspektive auf das Leben unter uns einfach so spannend war und spektakuläre Ausblicke bot, wollten wir auch gar nicht mehr aufhören und sind noch mit den Linien „Armarillo“, „Plateada“ und „Celeste“ durch die verschiedenen Stadtviertel geflogen. Einen besonders schönen Anblick bot der wolkenfreie (juhuuu), schneebedeckte Berg Huayna Potosí mit 6090m, den manche Touristen sogar erklimmen versuchen. Für uns war die Stadt selber schon Herausforderung genug.

Huayna Potosí

Schon verwunderlich, diese krassen Unterschiede zwischen den einfachen Wellblechdächern (meist auf der „bolivianischen“ Seite) und den riesigen Wolkenkratzern (auf der „spanischen“ Seite) zu sehen. Irgendwie aber auch spannend, wie alles heute dennoch miteinander im Einklang ist, obwohl diese Seiten früher wohl strikt getrennt waren.

Hufe klappern, Pferde traben

Ich habe wirklich alles Erdenkliche getan, um an diesem letzten Ausflug in Costa Rica teilnehmen zu können. Das war auch notwendig, nachdem unsere Buchung einen Tag vorher plötzlich abgesagt wurde, weil sie uns übersehen hatten. Aber ich wollte es unbedingt. Und ein paar Tage und Emails später, hatten wir dann endlich einen Ersatztermin für das, worauf ich mich mitunter am meisten freute: Einen Strandritt!

„Fersen runter Patrizia und gerade aus schauen!“ sagt Teresa jetzt innerlich

Der 2-stündige Ausritt am Rücken der Pferde ging sowohl den Strand entlang, als auch auf kleinen ausgetretenen Pfaden ins Grüne hinein. (Für die Insider: Ok, wir sind über keine Wassergraben gesprungen, haben kein Hex Hex gezaubert und Wiesen und Felder gab es auch nicht. Aber ich hab mich trotzdem gefühlt wie in Bibi und Tina! @Teresa: Patrick hat deinen Job als Bibi ganz gut übernommen. Gern geschehen für den Ohrwurm.)

Die neugierige Moana und meine Naturgerte

Was ich erst als entspannten Ritt erwartet hätte, hat sich letzten Endes als ganz schöne Herausforderung herausgestellt. Warum? Als wir mit den anderen beiden Teilnehmenden beim Reitstall ankamen und sie nach unseren Reitkenntnissen gefragt haben, hat mich meine Antwort „Ich bin schon mal geritten“ wohl dafür qualifiziert, auf der 3-jährigen Stute Moana vorauszureiten. Unser Guide wollte nämlich lieber ganz hinten bei einer anderen Frau bleiben, die mit Knieproblemen zu kämpfen hatte.

Ich hatte zwar keinen Plan wohin (und mein Pferd auch nicht), aber irgendwie haben wir es dann trotzdem ganz gut gemanaged. Dabei war es richtig spannend, denn man muss wissen, dass 3 noch ziemlich jung für Pferde ist. Dementsprechend neugierig war die junge Dame. Dazu kam, dass sie vor allem ein bisschen Angst hatte. In ihrem Pferdekopf muss es ungefähr so ausgesehen haben: „Ahhh, die Welle kommt zu schnell“, „Hilfe was ist das?! Oh, ein Mülleimer“, „Und das?! Oh, eine Pflanze.“, „Ich will nicht alleine sein, lass mal umdrehen“, „Andere Pferde? WO?“, „Cool, Galopp. Oder nein doch Schritt. Oder Galopp?“, „Ich bin müde, können wir wieder nachhause gehen?“, „EIN LKW!!!!“. Bei letzterem ist sie mir dann auch kurz durchgegangen und hat ein paar ordentliche Satze nach vorne gemacht, möglichst schnell an dem Lkw vorbei. Da hat sich sogar der Guide erschreckt, bis er mich lachend und immer noch auf dem Pferd sitzend gesehen hat.

Patrick hält sich auch wie eine Eins im Sattel

Alles is allem ist alles gut gegangen. Patricks Pferd Sol hat sich hinter uns sowieso nichts anmerken lassen und ist schön brav nachgelaufen, sogar als ich ein paar Galoppversuche gestartet habe. Das fühlt sich schon ganz schön genial an, so über die Wellen zu fliegen und hat mir ein riesiges Lächeln auf die Lippen gezaubert. Obwohl der Ausritt insgesamt ziemlich anstrengend war, nehme ich bis auf den kleinen Sonnenbrand an den Unterarmen nur schöne Erinnerungen aus diesem einmaligen Erlebnis mit.