Ein Blick nach Nordkorea

Ich bin ehrlich: Wir waren wirklich hin und hergerissen, ob wir diesen Ausflug machen wollen. Irgendwie ist es schon ein wenig beklemmend, sich freiwillig in ein militärisch überwachtes Gebiet zu begeben. Getan haben wir es letzten Endes, weil wir wirklich gerne mehr über Korea wissen wollten. Oder wisst ihr, warum es Nord- und Südkorea gibt und es nichtmal übertrieben ist, wenn man sagt, dass Menschen aus beiden Ländern kein Sterbenswörtchen miteinander sprechen dürfen?

Die DMZ

Ich spreche von dem Ausflug in die DMZ, die demilitarisierte Zone, die Süd- und Nordkorea trennt.

Trotz ihres Namens ist die DMZ eines der am stärksten militärisch befestigten Gebiete der Welt. Warum? Weil sie als bewachte Pufferzone sozusagen die Trennlinie zwischen den beiden Ländern darstellt. Um mehr darüber zu erfahren, darf man als Tourist mit einer Tour einen kleinen Teil dieser Gegend besuchen. Hier kann man dann mehr über den Krieg erfahren, der das Land getrennt hat. Oder verstehen, wie die darauf folgenden Infiltrationen über die Jahre abgewendet wurden. Oder den Wunsch nach einer Wiedervereinigung spüren. Oder (mein persönliches Highlight) in einem Observatorium mit großen Fernrohren nach Nordkorea schauen. Und erfahren, dass nicht alles so ist, wie es zu sein scheint…

Einladend sieht das Gebiet auf den ersten Blick wahrhaftig nicht aus…

Koreas Geschichte im Schnelldurchlauf

Aber beginnen wir vorne. Ursprünglich war die koreanische Halbinsel ein einheitliches Land mit gemeinsamer Geschichte und Kultur.

Bis Korea 1945 nach Ende des Zweiten Weltkrieges in zwei Besatzungszonen aufgeteilt wurde: Norden von der Sowjetunion, Süden von den Vereinigten Staaten mit Trennlinie entlang des 38 Breitengrades. Die Idee war, dass die Aufteilung eine vorübergehende Lösung sein sollte, um die Übergabe an eine zukünftige unabhängige koreanische Regierung zu ermöglichen. Allerdings entwickelten sich in den jeweiligen Besatzungszonen unterschiedliche politische Systeme: Im Norden wurde eine kommunistische Regierung unter Kim Il-sung etabliert, während im Süden eine „pro-westliche“ Regierung unter Syngman Rhee entstand.

Das gefiel dem nordkoreanischen Führer so ganz und gar nicht, denn er wollte Korea unter seinen eigenen Vorstellungen vereinen. So geschah es, dass Nordkorea als Folge ebenjener politischen Spannungen und ideologischen Differenzen zum Angriff schritt. Von der Sowjetunion und China unterstützt, überquerten die nordkoreanischen Truppen am 25. Juni 1950 also den 38. Breitengrad Richtung Süden und hatten zum Ziel, vor allem Seoul aber auch andere Gebiete in Windeseile einzunehmen.

Das wiederum löste eine internationale Reaktion aus und die Vereinten Nationen erklärten Nordkorea zum Angreifer. Die Invasion führte zum Ausbruch des Koreakrieges, der drei Jahre andauerte und zu der tiefen und dauerhaften Spaltung zwischen Nord- und Südkorea führte. In diesen drei Jahren kämpften die Truppen auf beiden Seiten erbittert. Es gab große territoriale Verschiebungen und heftige Schlachten. Die Kriegsführung führte zu einer beträchtlichen Zerstörung und Verlust von Menschenleben auf beiden Seiten.

Einen Schauplatz des Krieges sind ein paar Hügel und Täler inmitten der Natur. Heute hängt dort die Gamaksan-Hängebrücke und man kann einen schönen Spazierweg zum Wasserfall genießen – doch früher lieferten sich genau hier die alliierten Streitkräfte im Koreakrieg eine erbitterte Schlacht.

Der Krieg endete schließlich am 27. Juli 1953 mit einem Waffenstillstandsabkommen, das von Nordkorea, China und den Vereinten Nationen unterzeichnet wurde. Das Abkommen führte zur Einrichtung der Demilitarisierten Zone als Pufferzone zwischen den beiden Ländern und beendete die Kämpfe. Was jedoch wichtig zu betonen ist: Es wurde nie ein Friedensvertrag geschlossen, wodurch der Krieg formal nie offiziell beendet wurde. Genau: bis heute nicht! Die Teilung der koreanischen Halbinsel blieb also bestehen, und Nord- und Südkorea sind auch heute noch als separate und politisch getrennte Länder zu verstehen.

Mit Kim in Imjingak

Dass die DMZ letzten Endes vor allem eine symbolische Bedeutung als Ort der Teilung zwischen Nord- und Südkorea hat, hat uns unsere Reiseleiterin Kim aufgezeigt. Sie ist es auch, die uns all diese Hintergründe und wichtigen Aspekte erklärte. Laut ihr dient die DMZ also vor allem als ständige Erinnerung an den anhaltenden Konflikt zwischen den beiden Ländern und die Hoffnung auf eine friedliche Wiedervereinigung in der Zukunft.

Besonders in Imjingak spürt man den Wunsch eines friedlichen Miteinanders. Hier sitzen die sogenannten Friedensengeln – zwei Frauen, die einladend den Wunsch nach friedlichen Gesprächen symbolisieren.

Im Imjingak-Park gibt es aber auch andere Denkmäler, Kunstwerke und Ausstellungen, die die Geschichte und die Auswirkungen der Teilung beleuchten. Hunderte Menschen haben hier ihre Wünsche nach Frieden an den Zaun gehängt, etwa den vor der Freedom Bridge, über welche die Kriegsgefangenen damals heimkehren durften.

Wiedersehen nach 30 Jahren

Doch mit dem Waffenstillstand war nicht alles gelöst. Da die Grenze seit dem Bestehen der DMZ absolut dicht war, durften sich auch getrennte Familien nicht sehen. Über 30 Jahre lang. Das ist unvorstellbar!

Erst 1985 wurde ein Event abgehalten, das so besonders war, dass es sogar im koreanischen Fernsehen als Live Show ausgestrahlt wurde. Beim sogenannten Wiedersehen der getrennten Familien konnten sich für kurze Zeit Familienmitglieder nach 30 Jahren wieder treffen, die nach der Teilung Koreas getrennt voneinander leben mussten. 30 Jahre sind eine so lange Zeit, dass viele Kinder nun erwachsen waren und manche Familienmitglieder bereits verstorben sind. Ob man sich nach so langer Zeit überhaupt noch erkennt? Bei diesem Problem half die Regierungen nach, die alles streng kontrollierten: Denn um mitzumachen, musste man sich bewerben und DNA Proben abgeben, die dann verglichen wurden. Nur begrenzte Gruppen hatten also die Möglichkeit.

Angeblich wurden auch daraufhin weitere Familientreffen abgehalten. Die Teilnehmer wurden per Los ausgewählt, da die Nachfrage nach diesen Treffen enorm war. Einige Menschen bekamen jedoch die Chance, ihre Verwandten nach Jahrzehnten der Trennung zu sehen. Leider war so eine Reunion oft nur von kurzer Dauer, und viele Menschen hatten keine Möglichkeit, ihre Verwandten wiederzusehen. Auch heute noch bleibt die Trennung der Familien ein tragischer Aspekt der Teilung der koreanischen Halbinsel… immerhin hatten (und haben) manche Menschen nie die Möglichkeit, sich nach dem Krieg jemals wiederzusehen.

Telefonieren oder Emails schreiben ist übrigens auch nicht, da es keine regulären Telekommunikationsdienste oder offene Internetverbindungen zwischen den beiden Ländern gibt.

Doch nicht so friedlich

Richtig gruselig wurde es dann beim 3. Infiltrationstunnel, einem von mehreren (!) Tunneln unter der DMZ. Diese Tunnel wurden in den 1970er und 1990er Jahren von Nordkorea gebaut und dienten offenbar dazu, potenzielle Angriffe auf Südkorea zu ermöglichen. Ja, trotz des Waffenstillstandes. Und das sind nur die, die entdeckt wurden. Da wird einem schon richtig mulmig zumute. Es lief wohl doch nicht alles so friedlich ab, wie gedacht. Weil ich es unangenehm eng und stickig darin fand sind wir übrigens nicht ganz nach unten in den Tunnel gegangen (wo man übrigens NICHTS mitnehmen darf, nicht einmal sein Handy), sondern in der Nähe des Ausgangs geblieben…

Fast in Nordkorea

Etwas weniger beklemmend war schließlich das Observatorium. Hier konnten wir endlich das Land sehen, mit dem die ganze zweite Hälfte der Geschichte zusammenhing: Nordkorea. Verrückt, weil durch das Fernrohr alles irgendwie ganz normal aussah. Kim hat uns erzählt, dass das ihrer Ansicht nach aber nur eine Fassade ist – da Nordkorea ein vollkommen abgeschottetes Land ist, weiß niemand so richtig, was hinter dem Horizont vor sich geht. Angeblich werden auch die Bewohner hier speziell ausgewählt, da die Lebensumstände deutlich besser sind als im Rest des Landes. Einmal wurden an dem riesigen Fahnenmast sogar Lautsprecher angebracht um nordkoreanische Propaganda zu spielen. Südkorea hat freundlich geantwortet und Gangnam Style zurückgespielt. Zugegeben, eine ziemlich unkonventionelle Art, auf die Situation zu reagieren – hat aber viel internationale Aufmerksamkeit erregt.

Zum Schluss durften wir noch in einem Vereinigungsdorf, wo vor allem Landwirte leben, die das Land in der DMZ betreiben, ein Sojaeis schlecken. Denn ein kleiner Pluspunkt und was viele nicht wissen: Es gibt innerhalb der DMZ auch eine reiche Tier- und Pflanzenwelt in der Region, da das Gebiet für Menschen weitgehend unzugänglich ist und sich die Natur entfalten durfte.

Koreanische Geheimtipps

Da Chaeyun, eine Freundin von mir, gerade selbst in Südkorea war, konnten wir sie dann auch noch persönlich treffen (nachdem wir versucht haben, all ihre Tipps in unsere Woche einzubauen). Getroffen haben wir uns zum Mittagessen, haben uns dann aber von ihr durch die 7 stöckige Shoppingmall führen lassen – in der sie uns lauter spannende Sachen gezeigt hat.

Eisverkostung

Unterwegs haben wir erstmal verschiedene Eissorten ausprobiert. Zum einen ein Eis, das aus Mais gemacht war und die Form eines Maiskolben hatte. Chaeyun hat es gratis bekommen, weil sie irgendeinen Coupon vorzeigen konnte. Essen musste es dann aber ich. Es war besser als angenommen und es gab nur wenige Maiskörner im eigentlichen Eis.

Und danach haben wir uns ein riesiges Bingsu mit Mango gegönnt. Das ist ein koreanisches Eis, das ähnlich wie unser „normales“ Eis aus gefrorener Sahne oder Milch hergestellt wird. Es ist eine Art shaved ice, bei dem ein Block gefrorener Milch oder Sahne mit einem Messer gerieben oder geschabt wird, um ein fluffiges, schneeähnliches Dessert zu erhalten. Oben drauf kommen dann allerlei Toppings wie etwa rote Bohnen, Bohnenpaste, Tteok (Reiskuchen) oder Erdnusspulver. Oder eben Mango. Bei dem Eis hatten wir sogar zu dritt ordentlich zu kämpfen.

Doraemon

Chaeyun hatte dann noch eine Kleinigkeit für uns, nämlich Eintrittskarten für eine Doraemon Ausstellung. Wie, ihr wisst nicht was Doraemon ist? Gut, wir nämlich auch nicht. Das hat uns jedoch nicht davon abgehalten durch die Ausstellung zu wandern und über die überlebensgroßen Figuren der blauen mechanischen Katze ohne Ohren zu staunen („und in der Ausstellung herum zu blödeln“ – Patrizia).

Wir haben uns von Chaeyun noch kurz erklären lassen worum es dabei geht: Doraemon ist ein aus der Zukunft gesandter Roboter, der dem Schüler Nobito in seinem Alltag hilft. Aus seiner Tasche kann er unglaubliche Erfindungen der Zukunft ziehen (zum Beispiel eine verrückte Patrizia!). Wer Lust hat in die Serie, reinzuschauen, kann sich hier ein paar Ausschnitte auf Youtube ansehen.

Danke Chaeyun für den super Tag und all deine Tipps!

Nanta Show

Na gut, die Nanta Show haben wir selber ausgesucht. Aber Chaeyun hat erzählt, dass sie sie in der Schule auch schonmal gesehen hat. Es ist eine Art Musical in einem kleineren Saal, für das wir uns Karten organisiert haben. Bei der Show geht es um mehrere Köche, die vom Manager den Auftrag bekommen, mehrere Gerichte für eine Hochzeit innerhalb einer Stunde zuzubereiten. Dabei werden der „Head Chef“, „Hot Sauce“ und „Sexy Guy“ vom unfähigen „Nephew“ (Neffen des Managers) mehr oder weniger unterstützt. Und ja, das sind wirklich ihre Namen!

Lasst euch von Female nicht verwirren, die hieß wirklich Hot Sauce!

Man muss bei der Show keine Angst haben, kein Koreanisch zu verstehen – weil sowieso nicht wirklich gesprochen wird. Die Comedy kommt viel mehr durch lustige Situationen zustande, die von beeindruckenden Trommeleinlagen (auf irgendwelchen Alltagsgegenständen) abgelöst werden. Ein bisschen so wie die Blue Man Group. Uns hat es echt gut gefallen!

Da man während der Show keine Bilder machen durfte, könnt ihr euch die kurze Reportage hier stattdessen ansehen:

Eine Woche Seoul

In Seoul gab es für uns in einer relativ kurzen Zeit einiges zu entdecken. Wir haben im Myeongdong-Viertel gewohnt und uns direkt bei Chaeyun (Freundin von einem Kollegen von mir) Tipps geholt, was wir alles anschauen können.

Myeongdong

Wir hätten uns keinen besseren Ort aussuchen können, als Myeongdong. Denn das Highlight hier waren nicht etwa die riesigen Shoppingläden oder verrückten Nachspeisencafés, sondern die Straßenstände, die abends in der Nähe unseres Hotels aufgebaut wurden. Hier konnte man die verschiedensten Leckereien kaufen, allen voran eine gebratene Süßkartoffel. Die war so süß, von der mussten wir uns gleich zwei holen.

"In Myeongdong laden so viele lustige Shops und Dinge zum Rumblödeln ein!" – Patrizia

Gyeongbokgung

Unser zweiter Stopp war Gyeongbokgung – ein Palast, der von verschiedenen Königen bewohnt und in seiner Historie immer wieder abgerissen und neu aufgebaut wurde.

Dort konnten wir über die weitläufige Tempelanlage schlendern und viele Menschen in Hanbok (der traditionellen koreanischen Tracht) bewundern. Diese kann man sich in nebenliegenden Geschäften für ein Fotoshooting vor Ort mieten. Vielleicht um sich richtig koreanisch zu fühlen?

"Hier sind wir neben den Palästen auch auf eine kleine Kindergartengruppe, eine Art Straße aus den 1980ern und einer Anreihung von Skulpturen des chinesischen Tierkreiszeichens begegnet. Wir haben uns gleich unsere entsprechenden Zeichen rausgesucht: Büffel und Hund." – Patrizia

Neben dem Gyeongbokgung waren wir auch noch beim Changgyeonggung und dem Changdeokgung. Beides sind Tempelanlagen, die sich in der Nähe des Gyeongbokgung befinden und nicht weniger beeindruckend sind.

Das Bild von dem Insekt ist eine kleine Gottesanbeterin, die ist bei dem Versuch sie zu fotografieren etwas sehr zutraulich geworden... – und ist auf die Linse von meiner Handykamera gesprungen!

Schlendern

Nach den Tempeln haben wir auch noch einen Abstecher zu den alten Straßen Seouls gemacht. Durch die Viertel von Bukchon, Ikseondong & Insadong konnten wir wieder zurück nach Myeongdong spazieren. Auf diesem Weg haben wir interessante Shops gefunden und sind durch kleine Gassen gelaufen, die mit allerlei Leckereien gelockt haben. Diesmal konnten wir aber standhaft bleiben!

"Naja, standhaft waren wir zumindest so lange, bis uns der Hunger packte und wir den allertollsten veganen Food-Stand gefunden haben, bei dem wir lauter lokale Spezialitäten probieren konnten: Von Gimbap über Ramen zu Dumplings." – Patrizia