Erholung in den Bergen

Nach all dem Rambazamba im Dschungel und der aufregenden Autofahrt hatten wir das Gefühl, einfach mal alles gut sein lassen zu müssen. Einfach einmal zu entspannen und uns zu erholen. Das war auch bitter notwendig, nachdem es zuerst Patrick und dann mir so ganz und gar nicht gut ging. Von Bauchkrämpfen hin zu Durchfall, Kopfschmerzen und Übelkeit war sicher alles dabei.

Ab in die Berge!

Ganz viel Entspannen …

So kam es also, dass wir mit einem Taxi aus La Paz raus in den Süden fuhren. Schlagartig änderte sich hier unterwegs die Landschaft, bis wir nach einer Stunde etwa unser Ziel erreichten: Ein Tipi am Rande des Tals der Blumen, in das wir uns gemütlich einmümmeln konnten. Viel Platz war da nicht, aber das reichte uns zum Ruhe geben. Lesen. Atmen. Eindrücke sacken lassen. Wir haben auch wirklich versucht, uns einfach einmal zu schonen was Aktivitäten und das Essen betrifft (was gar nicht so einfach ist, wenn der kleine Mini Supermercado nebenan nur 3 Sorten Kekse und Reis im Angebot hat). Aber dann wurde es eben Gemüsereis mittags und Milchreis am Abend. Sicherlich 5 Tage haben wir gebraucht, um uns einigermaßen wieder fit zu fühlen. Und das höchste der Gefühle war ein kleiner Spaziergang runter in das schöne Tal – wo Menschen die Schnittblumen pflückten, die dann in La Paz auf dem Markt landen.

… und auch ein bisschen Abenteuer

Am ersten Tag, an dem wir dann wieder so halbwegs gut beinander waren, ist dann was Lustiges passiert: Zwei andere Reisende, Jori und Kelly, haben bei ihrem Ausflug einen Musiker getroffen: Linus, ein wirklich seltsamer Vogel und langjähriger Freund unseres Tipibesitzers.

Linus und der Tipibesitzer

Mit ihm sind sie ins Gespräch gekommen und weil er am folgenden Tag nichts vor hatte, hat er ihnen angeboten, sie auf einen kleinen Tagesausflug mitzunehmen; zu ein paar schönen Zielen, zu denen sie teilweise eh mal wollten. Weil es zu mehrt lustiger und auch weniger teuer ist, haben uns die zwei dann gefragt, ob wir mitmachen wollen und ehe wir uns versahen saßen wir auch schon im kleinen Minibus von Linus auf dem Weg ins Unbekannte.

La Muela del Diablo

Zuerst brachte uns unser neu gewonnener Guide zu dem erloschenen Vulkankern La Muela del Diablo, eine kleine Erhebung in den Bergen, die wir jeden Tag beim Zähneputzen aus von der Rückseite betrachten konnten. Der Weg dahin war wirklich steil und die unbefestigte Straße wirkte bedrohlich eng – vor allem wenn uns ein Auto entgegenkam. Aber Linus schickte ein paar gute Wünsche an Pachamama und irgendwie haben wir das dann tatsächlich geschafft. Außer Atem, halb am Weinen und innen am Auto festgekrallt (ja, das muss wohl in Bolivien immer so sein). Nach einer kurzen Wanderung in die Spitzen des Teufelzahns wurden wir mit der wohl schönsten Aussicht belohnt.

Danach nahm uns Linus wieder mit runter (diesmal saß ich aber angeschnallt am Beifahrersitz, weil ich es hinten im Auto nicht mehr aushielt) und brachte uns zum nächsten Tal Valle de las Animas. Ein besonders kraftvoller Ort, an dem nachts in Zeremonien die Geister beschworen und um Gefallen gebeten werden.

Weil Linus Haus eh am Weg durch das Tal war, brachte er uns auch noch schnell für Kaffee und eine Klopause dorthin. Im Gespräch erfuhren wir, dass er selbst neben Musiker, Tourguide und Hostelvermieter auch noch Schamane in seiner Community ist. Und weil wir eh am Warten waren, hat er schnell seine verschiedenen toten Tiere ausgepackt und mit Kokablättern unsere Zukunft vorhergesagt. Meine Vorhersage war besonders toll, weil sich eins der drei Blätter leicht aufgestellt hat (durch eine Falte des Tuches darunter) und das ist so etwas Gutes, dass Linus gleich in die Hände geklatscht und gestrahlt hat. Sein Rat, den er mir mit auf den Weg gab: Job und Familie schlecht (Tschuldigung an alle) aber eine tolle Zukunft wartet auf mich (wegen dem tollen Blatt), der ich einfach ganz langsam aber stetig entgegen gehe. Jori durfte dann auch noch den Kondor anziehen und ein kleines Ritual durchführen, was für sie ganz besonders, für uns aber ein bisschen zu abgespaced war.

Patrick klinkt sich lieber aus

Danach waren wir beide etwas froh, als es endlich wieder los und tiefer ins Tal ging und wir an all den Freunden von Linus vorbei tuckerten, die er fröhlich begrüßte. Unter anderem auch einer 100-jährige Frau, die super fit und mit einem breiten Lächeln mit vielen Zahnlücken am Straßenrand saß. Wir trafen aber auch auf einen aufgeregten Esel, allerlei Straßenhunde und verschiedenen Personen, die ihren alltäglichen Arbeiten nachgingen.

Oh, und einer Menge Müll

Die Überraschung kam erst noch, als Linus dann irgendwo plötzlich anhielt, uns aussteigen ließ und meinte: „So. Ihr wandert jetzt weiter durch den Canyon und ich hole euch dann in 2 Stunden am anderen Ende ab.“ So ganz wussten wir nicht, ob das gerade sein Ernst war. Aber der Weg wirkte freundlich und nachdem er die wichtigsten Abzweigungen mit einem Stock in den Boden gezeichnet hatte und uns versicherte, dass wir das hinbekämen, fühlten wir uns halbwegs zuversichtlich. Aber eher nur halbwegs. Wir machten uns trotzdem auf den Weg, wir waren ja immerhin zu viert und Kelly hatte die Karte bei Google Maps heruntergeladen. Was folgte, war die wohl schönste Wanderung auf unserer bisherigen Reise: Ein ruhiger, einsamer Spaziergang durch die riesigen Felswände des Canyon de Palca.

Inmitten all der atemberaubenden, rauen Natur verliert man sich dann irgendwie ganz schnell und fühlt sich plötzlich gar nicht mehr so wichtig wie sonst. Gedanken- und wortlos stapft man verloren durch das ausgetrocknete Flussbett und kommt aus dem Staunen über die unterschiedlichen Felsformationen gar nicht mehr heraus. 

Und wer hätte es gedacht… nach ziemlich genau einer Stunde und 50 Minuten sahen wir Linus und seinen Minibus am Rande einer Straße auf uns warten.

Geschafft!

Anfangs war ich ja wirklich etwas skeptisch, aber heute bin ich dankbar für die tolle Erfahrung, die er uns ermöglicht hat und all die interessanten Geschichten, die er uns unterwegs über sein Leben, Gesellschaft und Politik in Bolivien und die Natur erzählt hat. Hier als Abschluss noch eine seiner kleinen musikalischen Darbietungen:

Ein Kommentar

  1. Von der „schlechten“ Familie:
    Ja da hat euch wohl jemand ganz bestmmt zu eurem Glück gezwungen. WUNDERSCHÖN!!!
    Trotzdem viele Bussi

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