Skandal um die Riesenechsen

Nachdem wir ja auf dem Tauchtrip schon einen Vorgeschmack bekamen, wie schön die Inseln aus der Ferne aussahen, konnten wir uns das genaue Inspizieren dann doch nicht entgehen lassen und nahmen an einer Tagestour durch den Komodo Nationalpark teil.

Aussicht auf die Inseln im Nationalpark

Und was soll ich sagen? Nach einem Tag mit vielen neuen Eindrücken wurde ich mit sehr gemischten Gefühlen zurückgelassen. Und ziemlich wütend.

Padar Island

Wir starten auf einer hübschen Insel mit einem nett angelegten Weg auf einen der vielen Hügel. Tapfer stapften wir all die Stufen hinauf und uns bot sich direkt eine atemberaubende Aussicht!

Also, wenn nicht gerade irgendwelche Menschen im Weg standen, um auf den Aussichtsfelsen zu posieren.

Denn auf der anderen Seite der Aussicht sah das Ganze schon anders aus: Hier standen die Menschen Schlange, um an den beliebtesten Foto-Spots tolle Bilder von sich schießen zu können, wie sie verträumt in die Sonne lachen oder stolz in die Ferne blicken.

In etwa so wie ich hier

Fürs Anstehen ganz oben hatten wir allerdings keine Geduld, vor allem, weil die Sonne schon anfing so richtig herunter zu brennen. Also ging es für uns wieder hinunter, wo sich uns ein wirklich sagenhaft schönes Bild bot, das wir so nicht erwartet hatten:

Leider wurden die Paarhufer durch Futter angelockt, wahrscheinlich für die Touris. Der Parkranger beteuerte, dass sie aber tatsächlich dort heimisch sind und wir führten noch ein kurzes nettes Gespräch, bevor wir wieder weiter mussten und der Hitze entfliehen konnten.

Pink Beach

Der Pink Beach verdient seinen Namen. Denn während ich dachte, dass doch alle Bilder von dort maßlos gephotoshopped sein müssen, hat der Strand auch in Echt eine wirklich spektakuläre Farbe.

Die genossen wir aber nur für ein paar Sekunden, denn wir wollten die Zeit unbedingt fürs Schnorcheln im kristallklaren Wasser nutzen! Das war auch für mich ungelogen der schönste Schnorchelspot bisher. Die Farben der Korallen und Anemonen war einfach nur genial – von tiefdunklem Lila bis knalligem Grün war alles mit dabei. Leider ist unsere GoPro angelaufen, weshalb wir keine wirklich hübschen Bilder davon festhalten konnten. In meiner Erinnerung schillert aber immer noch alles.

Unterwasser haben wir hier auch kleine Clownsfische in Anemonen beobachten können (sorry fürs Schwanken…):

Komodo Island und die dort lebenden Warane

Das richtige Highlight der Tour erwartete uns allerdings erst auf der größten Insel des Nationalparks, Komodo Island.

Hier und auf den anderen kleinen Sundainseln leben noch etwa 3000 Exemplare der weltweit größten Echsen: Die sogenannten Komodowarane. Sie werden beeindruckende 3 Meter lang und können bis zu 70kg wiegen.

Das ist ordentlich viel und als wir die Tiere sahen, wurde uns schon etwas mulmig zumute. Immerhin hat man es hier mit Karnivoren also Fleischfressern zu tun, die auch mal eben einen Hirsch oder Wasserbüffel umlegen können. Doch während wir staunend versuchten, einen respektvollen Abstand zu den schönen Tieren einzuhalten, bot sich uns der wohl bisher skurrilste und frustrierendste Moment unserer Reise: Das Verhalten der anderen Touristen und Parkwärter.

Achtung, ab hier wird es unschön.

Angefangen hat unsere Tour mit einer kurzen Erklärung, dass wir gleich einen Pfad durch die Insel entlang spazieren werden und dabei die Augen offen halten sollen. Die ersten paar Minuten fühlten sich dann noch richtig abenteuerlich an, als unsere Gruppe möglichst leise den kleinen Track entlang wanderte (denn es gab Schilder, die dazu ermahnten, still und ruhig zu bleiben). Nichtmal 5 Minuten weit hatten wir es geschafft, da wurde es plötzlich immer hektischer und wir kamen auf eine Lichtung, wo sich einige andere Gruppen befanden. Schon von Weitem wurde klar, dass sich hier wohl einer der Warane blicken hat lassen. Es dauerte nicht lange, da hatten sich um das Tier mit Sicherheit an die 100 Personen gedrängt, nicht nur den Pfad entlang, sondern auch im Dickicht. Es wurde umringt von Menschen. Und denen war ein Sicherheitsabstand vollkommen egal. Wie eine riesige Weintraube drängten sich alle immer näher heran. Und wie laut es da plötzlich wurde. ALLE wollten den Komodowaran sehen.

Und das am Bild ist fast nur unsere Gruppe

Wir blieben einfach nur fassungslos ein wenig abseits stehen. Einen Blick konnten wir erst erhaschen, als irgendwann die ersten nach 10 Minuten posieren dem „GROUP 7! GROUP SEVEEEN!?“ schreienden Guide nachtrotteten. Von wegen Ruhe.

Dem Tier wurde es wohl auch zu bunt, denn schließlich bewegte es sich und machte sich auf in Richtung Wald. Während ich noch zu Patrick murmelte: „Ich würde auch abhauen…“ mussten wir dann etwas schockiert feststellen, wofür die Guides ihre Stecken mitgenommen hatten. Nämlich um dem Tier den Weg zu versperren, um es wieder in Richtung Touristen zu treiben.

Als dann endlich alle ein Foto gemacht hatten, war ich schon ziemlich verärgert. Verärgert, wie schlecht das ganze organisiert war, wie wenig respektvoll mit den Tieren umgegangen wird, wie unfassbar rücksichtslos Touristen sein können. „Aber immerhin haben jetzt alle ihr bescheuertes Foto und wir können weitermachen“ dachte ich, als wir uns endlich auch wieder weiter bewegten.

Falsch gedacht. Denn als der nächste Waran unseren Weg kreuzte, fing das gesamte Theater wieder von Vorne an.

beispielhaftes Foto von später… ich war zu aufgewühlt, meine Kamera zu benutzen
ebenfalls beispielhaft von später

Diesmal waren es die Guides, die die Touristen ermutigten, möglichst nah von hinten an das Tier heranzukommen, damit sie von Vorne ein tolles Foto einfangen konnten. Mehrmals wurde die Riesenechse durch die Gegend gescheucht. Es wurden auch Steine oder Stöcke in den Wald geworfen, um das Tier wieder zurück zum Fotospot zu lenken, damit alle ihr Andenken hatten. Dabei hat man gemerkt, dass es manchen sogar unangenehm war, so nahe zum Tier zu gehen, aber die Guides ließen nicht mit sich reden, fuchtelten wild in der Gegend herum, schrien die Leute an und machten einen eigentlich ziemlich einmaligen Moment zu einer ziemlich unangenehmen, schlechten Erfahrung. Einer von ihnen pikste das Tier sogar, damit es wohl stehen blieb und weiter als Modelvorlage genutzt werden konnte.

Vor Wut kochend und unfähig irgendwas dagegen zu unternehmen, stand ich einfach nur sprachlos da. Mir kamen die Tränen. In welcher Welt leben wir, dass ein Selfie mit einem Komodowaran mehr wert ist, als die Würde dieses Tieres? Dieses wohlgemerkt gefährlichen Tieres?

Wir mussten das Ganze noch mehrmals über uns ergehen lassen, ohne im mindesten irgendetwas über die Tiere oder den Ort zu erfahren.

Als wir ein Tier an der künstlichen Wasserquelle etwas fressen sahen, waren wir nichtmal mehr wirklich überrascht, dass dort wohl eine Rehhaut zum Anlocken versteckt wurde. Oder als wir sahen, wie ein Komodo Junges am Strand zwischen dem ganzen Müll stöberte und entlang spazierte.

Als wir beim letzten Exemplar angekommen waren und der Parkranger fragte: „Photo? Photo? Anyone else?“ und sich niemand meldete, meinte er „Okay let’s go!“ – wie als wäre ein Foto mit dem Tier machen zu wollen der einzige legitime Grund, überhaupt dort bleiben zu wollen. Ich hätte gerne mehr über die Komodowarane gewusst und ein paar Fragen gestellt. Konnte ich aber nicht, weil der Wutkloß in meinem Hals einfach zu groß war. Und weil der Ranger so unfassbar desinteressiert wirkte. Offensichtlich sind die Touristen hier wichtiger als die Warane. Die Realität ist erschreckend und macht mich traurig.

Dabei sind es so faszinierende, schöne Tiere!

Naja. Immerhin war es dann rum. Wir haben übrigens kein Foto gemeinsam mit dem Komodowaran gemacht. Ich hab es einfach nicht eingesehen, diesen Umgang zu unterstützen. Außerdem habe ich mir fest vorgenommen, die Verantwortlichen anzuschreiben und sie über meinen Frust wissen zu lassen – sobald ihre Website wieder funktioniert… Bis dahin bin ich immerhin ein wenig erleichtert, dass wir nicht die einzigen sind, die das ganze problematisch sehen, obwohl viele der Tripadvisor Rezensionen sehr gut sind. Wer mehr zu den negativen Erfahrungen anderer wissen möchte, kann sich dort einfach die mit 1–2 Sternen durchlesen. Besonders passend meiner Meinung nach:

"Really cool to see these animals in real life, but calling this a national Park is a reach. It’s closer to a glorified zoo or circus animals. [...]" – Job Deknatel bei Google Rezensionen.
Ein letzter Scherz am Ende. Dass ich nicht lache…

Der restliche Tag

Danach fiel es mir schwer, mich auf den restlichen Tag einzulassen. Mich hatte die Erfahrung mit den Waranen wirklich mitgenommen. Wir durften auf dem Weg zurück noch insgesamt 3 Mal im kristallklaren Wasser schnorcheln gehen.

Dabei haben wir bei einem etwas angsteinflößenden Schnorchel-Drift am Manta Point am offenen Meer mitgemacht (leider ohne Mantas) und sahen am letzten Ort sicher 8–10 Schildkröten in der Tiefe, die manchmal zu uns nach oben zum Luftholen schwammen.

Schließlich ging es zurück. Einerseits glücklich über die gesammelten Erfahrungen, andererseits mit einer ziemlichen Enttäuschung und tiefen Traurigkeit in mir, wusste ich am Ende nicht so recht, was ich von dem Tag halten sollte. Nochmal würde ich so etwas definitiv nicht machen. Deshalb würde ich allen Reisefreudigen empfehlen, die Komodowarane fürs Erste von der Liste zu streichen. Dann lassen sie zumindest ein zwei Leute mehr in Ruhe.

2 Kommentare

  1. Ich glaub ich hätte da net ruhig bleiben können. Hätte den Guide dann auch mit nem Stock auf den Boden gedrückt damit jeder ein Foto mit ihm machen kann. Photo? Photo?! Echt ungut ja..

  2. Pingback:Singapur die Riesenmetropole – Unsere Reise um die Welt

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